Forschend-begründendes Lernen im naturwissenschaftlichen Unterricht: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 27. November 2008, 12:08 Uhr

Wege zu einer naturwissenschaftlichen Grundbildung am Übergang Primar/Sekundarstufe am Beispiel von Unterrichtsmaterialien zum Thema Fotosynthese

„Forschendes Lernen“ ist ein zentraler Terminus aktueller Reformen des naturwissenschaftlichen Unterrichts in Europa. Im naturwissenschaftlichen Unterricht an Österreichs Volksschulen ist forschendes Lernen jedoch immer noch die Ausnahme und konzentriert sich – wenn es durchgeführt wird – sehr stark auf das hands-on (Experimentieren, Manipulieren) des naturwissenschaftlichen Unterrichtes. Das minds-on (auf Basis der Experimente folgerichtige Schlüsse ziehen und wissenschaftliches Begründen) wird jedoch oft vernachlässigt. In der vorliegenden Dissertation wurden vor dem Hintergrund des gemäßigt-konstruktivistischen Ansatzes forschend-begründende Unterrichtsmaterialien zum Thema Fotosynthese entwickelt und evaluiert. Forschend-begründend bezieht sich dabei auf die Tatsache, dass neben dem selbständigen Experimentieren besonders die kognitive Kompetenz, von einem Experiment oder einer Beobachtung auf eine Erklärung für einen bestimmten Sachverhalt zu schließen, weiterentwickelt werden soll.
Die erstellten Unterrichtsmaterialien wurden in vier Volkschulklassen (84 SchülerInnen; 9-10 Jahre) im Rahmen eines Projektunterrichtes getestet. Es wurde evaluiert, i) welchen Einfluss der durchgeführte Projektunterricht auf das Interesse der SchülerInnen an selbständigem Experimentieren hat, ii) welche Alltagsvorstellungen die SchülerInnen vor dem Projektunterricht zum Thema Fotosynthese haben und wie sich diese Vorstellungen im Lauf des Projektunterrichtes weiterentwickeln und iii) ob SchülerInnen am Ende der Volksschule in der Lage sind, naturwissenschaftlich zu argumentieren und sie den naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn inklusive dem Zusammenhang zwischen Theorie und Evidenz verstehen. Die Daten wurden mittels semi-strukturierter Interviews, SchülerInnenfragebogen (Prätest und Posttest) und der im Rahmen dieser Dissertation entwickelten Methode des evidence mapping erhoben.
Durch die im Rahmen des Projektunterrichtes gewonnenen positiven Erfahrungen mit selbständigem Experimentieren und selbständigem Suchen nach Erklärungen zeigten sich im Posttest signifikant positivere Einstellungen zu schülerInnenzentriertem Experimentieren und signifikant negativere Einstellungen zu lehrerInnenzentriertem Experimentieren als im Prätest.
Die Analyse der semi-strukturierten Interviews zeigt, dass sich das naturwissenschaftliche Verständnis der SchülerInnen zum Thema Fotosynthese wesentlich weiterentwickelt hat. Alltagssprache (schlechte Luft, Erde) wurde durch wissenschaftliches Vokabular (CO2 reiche Luft, Bodenminerale) ersetzt, Beschreibungen (Pflanzen brauchen Wasser, Licht, Erde) wurden durch Erklärungen (aus CO2, H2O und Licht macht die Pflanze Zucker, der dann zum Aufbau neuer Blätter verwendet wird) ersetzt, Alltagskonzepte (Pflanzen essen Erde) durch wissenschaftlich anerkannte Konzepte (Fotosynthese ist für Pflanzenwachstum verantwortlich).
Die Analyse der evidence maps zeigt, dass die SchülerInnen nach dem Projektunterricht größtenteils keine Probleme hatten, die Prozesse des Erkenntnisgewinnes den in den concept maps abgebildeten Konzepten zuzuordnen. Interviewanalysen zeigten, dass die SchülerInnen nach dem Projektunterricht genau beschreiben konnten, was sie bei den jeweiligen Experimenten gemacht haben und was sie bei diesen Experimenten rausgefunden haben. Ein eindeutiges Erkenntnis-Evidenz-Verständnis zeigten jedoch nur die Gruppe der sehr guten SchülerInnen. Die Gruppen der mittelmäßigen und schwachen SchülerInnen wussten zwar, was sie bei den jeweiligen Experimenten gemacht hatten und was sie mit dem jeweiligen Experiment rausgefunden hatten, die kausale Begründung für diese Erkenntnisse auf Basis der durchgeführten Experimente bereitete diesen Gruppen jedoch Schwierigkeiten. Sie verstanden die Logik der Prüfung von Aussagen und den Zusammenhang von Theorie und Evidenz nur teilweise. Die bei der Entwicklung der Unterrichtsmaterialien gewählte enge Kombination von hands-on und minds-on, die Idee des forschend-begründenden Lernens ist ein vielversprechender Ansatz, um den SchülerInnen ein naturwissenschaftliches Grundverständnis zu vermitteln, das über das Wiedergeben von naturwissenschaftlichen Theorien und Fakten hinausgeht und auch ein Verständnis für die Prozesse des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinnes inkludiert.

Kontakt: bertsch.christian@gmail.com


Autor/in: Günter Maresch
Durchführende Institution/en: Universität Salzburg, Universität Innsbruch
Fach/Fächer: Sachunterricht
Schulstufe/n:Primarstufe


Link/s: Unterrichtsmaterialien

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