Schreiben und Kommentieren. Über den Versuch eines beratenden Umgangs mit SchülerInnentexten
Einen großen Teil meiner Arbeitszeit außerhalb des Unterrichts verbringe ich mit Korrigieren von Schularbeiten, Hausübungen usw. Es ist dies ein Teil der Arbeit, an den ich keineswegs mit Begeisterung herangehe.
Einerseits ist es die Wiederkehr des ewig Gleichen (in Inhalt und Form), die mir das Durchlesen von SchülerInnentexten vergällt, andererseits treten in wenigen anderen Bereichen bei mir so massiv Sinnlosigkeitsgefühle auf. Nicht, dass ich es nicht wichtig fände, daß meine SchülerInnen schreiben, und zwar viel schreiben, und dass ich, wenn ich schon Schreibaufgaben stelle, diese auch großteils anschaue, d. h. korrigiere. Das Problem ist vielmehr das Vage der Tätigkeit: Ich markiere Fehler, mache Verbesserungsvorschläge, begründe meine 'Urteile', versuche zu motivieren, schreibe auch manchmal etwas "Gemeines", streiche herum, mache Fragezeichen, Rufzeichen, fordere Verbesserungen ein - und habe eigentlich bisher kaum erlebt, dass all diese Aktivitäten große Veränderungen bewirkt hätten. Die Korrekturarbeit wird so zum sinnentleerten Ritual, das zwar von allen Beteiligten akzeptiert und häufig als das Zentrale von (Deutsch-)LehrerInnenarbeit empfunden wird (von Amts wegen legitimiert zu sein, in fremden Texten herumzustreichen), das aber deshalb nicht sinnvoller wird.
Offenbar bin ich mit diesen Gefühlen nicht ganz allein. In einer Befragung gaben z.B. 75% der LehrerInnen an, dass sie ihre Korrekturarbeit für tendenziell sinnlos halten. (Ivo 1982, S. 45) Dazu kommen eigene Vermutungen und Beobachtungen über den Umgang von SchülerInnen mit korrigierten und kommentierten Texten. Ich habe den Eindruck, daß für sie vor allem das Ergebnis (= die Note) von Interesse ist, daß korrigierte Hausübungen und Schularbeiten 'erledigt' sind und beiseite gelegt werden, wohl auch aus dem Gefühl heraus, dass man in Deutsch ohnehin nichts machen kann - entweder man kann schreiben (d. h. es 'gefällt' dem/der Lehrer/in) oder eben nicht.
Autor/in: Elisabeth Lercher
Durchführende Institution/en: Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule Innsbruck (701428)
Fach/Fächer: Deutsch
Dateien: Langfassung
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