Mit einem eigenen "Special Issue" zum Thema "School Leadership in Germany" präsentiert das International Journal of Educational Management seiner Leserschaft erstmals aktuelle Studienergebnisse aus der deutschen Schulleitungsforschung in gebündelter Form. Die im August 2015 veröffentlichte Sonderausgabe, die federführend von Univ.- Prof. Stefan Brauckmann (AAU) herausgegeben wird, wurde nun auf einer Schwerpunkttagung des Forschungsnetzwerks "SteBis" (Steuerung im Bildungssystem) vor Vertreterinnen und Vertretern der empirischen Bildungsforschung in Berlin vorgestellt.
Ähnlich wie in Österreich sind auch in Deutschland als Reaktion auf die ernüchternden Ergebnisse in internationalen Leistungs-Vergleichsstudien wie PISA vor rund 15 Jahren umfassende Reformen im Bildungssystem eingeleitet worden: Nationale Bildungsstandards wurden entwickelt, standardbasierte Tests in den Schulen eingeführt, Berichtssysteme auf verschiedenen Ebenen aufgebaut und SchulinspektorInnen ausgebildet, um die Prozesse in den Schulen vor Ort zu evaluieren. Damit einher ging auch eine Veränderung der Rolle von Schulleitungen: Entscheidungskompetenzen, die bisher zentral in den Händen der Schulaufsicht lagen, wurden zunehmend auf die Einzelschulen übertragen, was Schulautonomie und die Rolle der SchuldirektorInnen stärkt, zugleich aber auch ihre Rechenschaftspflichten erhöht.
Das neue Steuerungsmodell im Bildungssystem bildet auf vielen Ebenen ein großes Potential für schulische Qualitätsentwicklung, neben intendierten Effekten wird allerdings mitunter auch auf unerwünschte Wirkungen hingewiesen. Verglichen mit Staaten wie den USA, Großbritannien oder den Niederlanden, wo mit "High-Stakes"-Testverfahren erhebliche Konsequenzen für die Lehrpersonen verbunden sein können, sind für den deutschsprachigen Raum allerdings keine entsprechenden Sanktionen vorgesehen. Struktur und Prozesse in den Schulorganisationen sind demgegenüber in den deutschsprachigen Ländern stärker durch schulrechtliche Vorgaben geregelt; Möglichkeiten zur eigenständigen Verwaltung etwa von Budgets oder Personalressourcen bieten sich den Schulleitungen entsprechend deutlich eingeschränkter als ihren internationalen KollegInnen - bei gleichzeitig steigenden Ansprüchen an ihre Gestaltungs- und Managementkompetenzen.
Das Special Issue (6/2015) beleuchtet einige der vielfältigen Auswirkungen des neuen Steuerungsmodells mit Fokus auf die Rahmenbedingungen und das Handeln von Schulleitungen in Deutschland. Im Mittelpunkt stehen dabei die empirischen Ergebnisse aus vier verschiedenen Projekten des Forschungsschwerpunkts SteBis, darunter auch Befunde aus dem inzwischen abgeschlossenen SHaRP-Projekt von Stefan Brauckmann: Im gemeinsamen Beitrag mit Alexandra Schwarz beleuchtet der Bildungsforscher Aufgabenbereiche, dafür aufgewendete zeitliche Ressourcen sowie das mit den Tätigkeiten korrespondierende Relevanz-, aber auch Belastungsempfinden von Schulleitungen in Deutschland.
Auf der Zwischentagung zur zweiten Förderphase des Forschungsschwerpunkts, die am 16.10.2015 von der Koordinierungsstelle SteBis an der Freien Universität Berlin ausgerichtet wurde, präsentierte Stefan Brauckmann das Sonderheft gemeinsam mit den anderen HerausgeberInnen vor KollegInnen aus der Förderlinie sowie externen Experten aus der Bildungsadministration und der empirischen Schulforschung.
Alle Artikel des Special Issues, einschließlich einer übergreifenden Kommentierung durch den renommierten UC-Berkeley-Professor Heinrich Mintrop, können unter http://www.emeraldinsight.com/toc/ijem/29/6 heruntergeladen werden. Stefan Brauckmann arbeitet derzeit unter anderem daran, eine entsprechende Studie für das Land Österreich aufzusetzen.